Form und Material

15. Dezember 2011 – 12. Februar 2012

Über die Ausstellung

Tony Cragg, Blood sugar, 1992

Die Skulpturen des 1949 in Liverpool geborenen Tony Cragg zeichnen sich durch eine ungewöhnliche Vielfalt in Materialwahl und Formgebung aus, die – geprägt durch Minimal Art, Land Art, Konzeptkunst, aber auch Arte Povera – eine sehr eigenständige und singuläre Sprache, reich an Inhalten und visuellen Übersetzungen, entwickeln.

Der Umstand, dass Craggs Vater als Elektroingenieur im Flugzeugbau tätig war und er selbst in jungen Jahren als Labortechniker in seiner Heimatstadt arbeitete, erklärt die in seinen Skulpturen ablesbare, typische Kombination von wissenschaftlicher Herangehensweise und schöpferischem Einfall, der den Zufall als produktiven Faktor nützt. Seine Materialien sind zu Beginn seines Schaffens aus der Natur bezogene, später auch kulturtechnische Fundstücke. Dabei bringt er den vorgefundenen Materialien und Gegenständen so viel Respekt entgegen, dass er ihre Form nur in notwendigem Masse verändert, und vielmehr anordnet und kombiniert. Er reiht Steine aneinander, stapelt verschiedene Hölzer aufeinander und schafft somit natürliche und zivilisatorische Topografien, die Einblick in bereits vergangene Entstehungsprozesse und die Geschichte der menschlichen Gesellschaft geben.

Die Holzskulptur „WT Double Zig“ von Tony Cragg aus dem Jahr 2009, die dieses Phänomen greifbar werden lässt, steht im Zentrum der Ausstellung. Ähnlich Zerrbildern, sogenannten  Anamorphosen, die nur unter einem bestimmten Blickwinkel bzw. mittels eines speziellen Spiegels oder Prismensystems erkennbar sind, zeigt die Skulptur fliehende Gesichter, aus der amorphen Bewegung eines Doppelzickzacks heraus. Das Formenspiel fließt gleichsam aus den Holzschichten heraus und ist darin gefangen und zurückgebunden.

Um die Skulptur werden Arbeiten von Ben Nicholson, Franz Gertsch, Gustave Courbet, Antoni Tàpies, Fritz Klemm, Juan Miró, Pablo Picasso, René Wirths und Stefan Bohnhoff gezeigt, die desgleichen mit unterschiedlichen Materialien eigenwillige künstlerische Effekte erzielen. Die transluziden Gemälde der japanisch-deutschen Künstlerin Leiko Ikemura in ihrer meditativen Sprache geben dieser Schau einen kontemplativen Abschluss.

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